Als der Londoner Rechtsanwalt Peter Benenson dies hörte, war er so empört, dass er sich vornahm, etwas dagegen zu unternehmen: Er schrieb einen langen Artikel, der am 28. Mai 1961 unter dem Titel „The Forgotten Prisoners“ in der britischen Zeitung „The Observer“ erschien. Darin machte Benenson auf das Schicksal von Gefangenen aufmerksam, die wegen ihrer politischen Einstellung inhaftiert, gefoltert und ermordet wurden. Der Anwalt rief die Leserinnen und Leser dazu auf, sich in Briefen an die Regierungen für diese Menschen einzusetzen. Damit war Amnesty International geboren.
Amnesty International ist eine weltweite, von Regierungen, politischen Parteien, Ideologien, Wirtschaftsinteressen und Religionen unabhängige Mitgliederorganisation.
Auf Grundlage der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wendet sich Amnesty gegen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen. Amnesty ist Teil einer Bewegung, in der Menschen zusammenkommen, um sich gemeinsam gegen Menschenrechtsverletzungen einzusetzen – und zwar nicht abstrakt, sondern ganz konkret und für Tausende, die in Gefahr sind. 1977 erhielt Amnesty International den Friedensnobelpreis.
Die Stärke von Amnesty liegt im freiwilligen Engagement von mehr als sieben Millionen Mitgliedern und Unterstützerinnen und Unterstützern weltweit: Junge und Alte verschiedenster Nationalitäten und Kulturen beteiligen sich. Sie alle bringen unterschiedliche religiöse und politische Einstellungen und Lebenserfahrungen mit. Aber alle setzen ihre Kraft und Fantasie ein für eine Welt ohne Menschenrechtsverletzungen. Sie engagieren sich für die Opfer und unterstützen und schützen Menschenrechtsverteidiger. Jeder kann sich an solchen Aktionen beteiligen und Veränderungen bewirken. Das Credo von Amnesty International lautet: Du kannst.
Amnesty International setzt sich für die Durchsetzung aller in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte formulierten Rechte ein. Besonders engagiert sich Amnesty:
gegen Folter, Todesstrafe, politischen Mord, grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe und das „Verschwindenlassen“ von Menschen,
- für die Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen und die Bestrafung der Täter,
- für die Freilassung gewaltloser politischer Gefangener, die aufgrund ihrer Herkunft, Hautfarbe, Sprache, Religion oder Überzeugung inhaftiert sind,
- für den Schutz von Menschenrechtsverteidigern,
- für den Schutz von MigrantInnen, Flüchtlingen und Asylsuchenden,
- für den Schutz der Menschenrechte in bewaffneten Konflikten,
- für eine wirksame Kontrolle des Waffenhandels,
- für den Schutz von Frauen und Mädchen vor Gewalt und Unterdrückung,
- für die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte,
- für den Eingang der Menschenrechte in internationale sowie regionale Vereinbarungen und Konventionen,
- für faire und zügige Gerichtsverfahren, insbesondere bei politischen Gefangenen,
- für Programme zur Menschenrechtserziehung und zur Förderung des Bewusstseins für die Menschenrechte,
- für die Zusammenarbeit von nichtstaatlichen Organisationen, den Vereinten Nationen und regionalen zwischenstaatlichen Organisationen zur Verteidigung der Menschenrechte
Aktuell beschäftigt sich Amnesty International mit den Themen Massenüberwachung und Menschenrechte im digitalen Zeitalter.
Bereits im vergangenen Jahr positionierte sich Amnesty mit der Kampagne „Anlasslos“ gegen weltweite Massenüberwachung und für die aktive Aufklärung der NSA-Affäre durch die Bundesregierung. Trotz einigen positiven Entwicklungen wird das Recht auf Privatsphäre in vielen Staaten weiterhin eingeschränkt und durch neue Gesetze weiter ausgehöhlt.
Das Recht auf Privatsphäre ist Teil der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, hat aber bis zu den Enthüllungen durch Edward Snowden nur wenig Aufmerksamkeit bekommen. Dabei ist es auch Grundlage für die Ausübung weiterer Rechte: Wer Angst hat, überwacht zu werden, sagt zum Beispiel weniger frei seine Meinung oder traut sich nicht, im Internet nach bestimmten Informationen zu suchen. Auf diese Weise geraten nicht nur Menschenrechte, sondern auch Grundpfeiler der Demokratie in Gefahr. Überwachung erleichtert es außerdem, Menschenrechtsaktivist_innen, Oppositionellen, Berufsgeheimnisträger_innen wie Journalist_innen, Ärzt_innen und Anwält_innen und sogar „die Masse“ zu kontrollieren. Damit kann sie das Kräfteverhältnis zwischen Herrschenden und Bevölkerung empfindlich stören. Sie kann außerdem zu Vorverurteilungen führen, in geschützte Kommunikation zwischen Angeklagten und Verteidiger_innen eindringen und damit den Rechtstaat untergraben. Eine geschützte Privatsphäre ist deshalb Voraussetzung für weitere Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat.
Die Einschränkung der Privatsphäre wird von Staaten zunehmend als vorgebliche Schutzmaßnahme vor terroristischen Angriffen ausgegeben. Inwieweit Massenüberwachung und die Aufweichung bestimmter Verschlüsselungstechnologien tatsächlich zur Verhinderung oder Eindämmung von Terrorismus führt ist heftig umstritten.
Am 5. Juni jähren sich die Snowden-Enthüllungen zum dritten Mal. Dies nimmt Amnesty zum Anlass, rund um den Aktionstag erneut gegen die Einschränkung der Privatsphäre zu protestieren.
Mit unseren Aktionen fordert Amnesty:
Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die menschenrechtliche Bedeutung von Massenüberwachung – einschließlich ihres zweifelhaften Beitrages zur Terrorismusbekämpfung
- Aufnahme der Themen Verschlüsselung und Anonymisierung auf gesetzgeberischer Ebene
- Einheitliche Menschenrechtsstandards bei gezielter Überwachung
- Verhinderung neuer Gesetzesvorhaben zum Ausbau der Massenüberwachung
- Beendigung von Massenüberwachungsprogrammen
Gastbeitrag von:
0 Kommentare zu “Von der Öffentlichkeit gehört, von Menschenrechtsverletzern gefürchtet: Amnesty International”