6.11.2015
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
heute wende ich mich als zutiefst sorgenvoller Bürger der Bundesrepublik Deutschland an Sie.
Am 24. Januar 2014 erschien ein Interview in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, in dem Sie sagten: „Die flächendeckende Speicherung von Kommunikationsdaten der Bürger ist nicht hinnehmbar.“ Frank Schirrmacher zitierte Sie so auf Twitter.
Nach dieser Aussage von Ihnen wäre es uns Bürgerinnen und Bürgern gegenüber unverantwortlich, wenn Sie das geplante Gesetz zur Höchstspeicherfrist unterzeichnen und damit den Weg freimachen würden für eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung.
Sie wissen, dass Vorratsdatenspeicherung bedeutet, dass alle Bürgerinnen und Bürger die totale Erfassung und Speicherung ihres Kommunikationsverhaltens hinnehmen müssen. Das ist mit unseren Grundrechten und der EU-Grundrechtecharta unvereinbar, wie der Europäische Gerichtshof entschieden hat. Verschiedene Studien haben außerdem bewiesen, dass Vorratsdatenspeicherung (PDF) nicht zur Verbrechensbekämpfung beiträgt.
Die Gefahr durch politischen wie behördlichen Missbrauch sowie die Möglichkeit der Einschränkung der Pressefreiheit gefährden unsere Freiheit und unsere Demokratie.
Ein Bundestagsabgeordneter hat in einem Selbstversuch bewiesen, was es für den einzelnen Menschen bedeutet, wenn all diese Daten in die falschen Hände kommen.
Sie selbst, Herr Bundespräsident, haben in der ehemaligen DDR erlebt, welches Klima die staatliche Überwachung und Bespitzelung der Bürgerinnen und Bürger schafft. Warum sollten Bürgerinnen und Bürger einem Staat vertrauen, der ihnen misstraut?
Sie persönlich sind in der DDR engagiert für Freiheit und Demokratie eingetreten.
Wir wollen wie Sie auch nicht in einem Überwachungsstaat leben.
Darum bitten wir Sie, erinnern Sie sich. Bekämpfen Sie die Ansätze, unsere Freiheit gesetzlich einzuschränken. Engagieren Sie sich für eine lebendige Demokratie.
Machen Sie von Ihrem verfassungsgemäßen Recht Gebrauch, dieses verfassungswidrige Gesetz nicht zu unterschreiben, wenn Sie die Bundesrepublik Deutschland vor Schaden bewahren wollen.
Ich glaube fest daran, dass die Verfassungsväter und -mütter dazu das Unterschriftserfordernis des Bundespräsidenten geschaffen haben. Wenn es auch sonst ein eher formaler Akt zum Inkrafttreten eines Gesetzes ist, haben Sie die Möglichkeit, der Politik die Grenze aufzuzeigen, falls es der Einzelfall gebietet, um die Verfassung zu schützen.
Nur Diktaturen benötigen eine vollständige Überwachung ihrer Bürger.
Stoppen Sie das Gesetz. Wir bitten Sie, Herr Gauck, unterschreiben Sie nicht!
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Körner – Bundesvorsitzender der Piratenpartei Deutschland
Jens Stomber – Mitglied im Rat der Europäischen Piratenpartei
Patrick Breyer – Themenbeauftragter für Datenschutz der Piratenpartei Deutschland
Piratenpartei Deutschland
Schreiben mit der Bitte an den Bundespräsidenten Herrn Joachim Gauck, das Gesetz zur Vorratsdatenspeichung nicht zu unterzeichnen! (PDF)
Quellen:
EU-Data Retention Reform
Unterschreibter.de
Vielen Dank an unseren Münchener Parteikollegen Arnold Schiller, für die Idee zur Aktion.
ArnoldSchiller
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