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Anfang August las ich in einer WhatsApp-Gruppe, dass die Sporthalle in meiner Nachbarschaft zur Notunterkunft für Flüchtlinge wurde. Im Freundeskreis wollten wir spontan Kleidung etc. spenden. Ich bin dahin gegangen und habe nachgefragt, was gebraucht wird. Schnell war klar, dass es in der Unterkunft auch kein WLAN gibt.
Internetzugang ist gerade für Flüchtlinge immens wichtig: Kontakt zur Familie halten, auf der Flucht getrennte Angehörige suchen, sich in der Stadt zurechtfinden, Arztbesuche und Behördengänge vorbereiten und nicht zuletzt Deutsch lernen; wer nur über teure Pre-Paid- Karten online gehen kann, hat schnell das Datenlimit oder die finanziellen Grenzen
erreicht.
Paradoxerweise sind in den meisten dauerhaften Flüchtlingsunterkünften leistungsfähige Internetanschlüsse vorhanden. Aber wer seinen Anschluss solidarisch teilen will, steht vor technischen, administrativen und rechtlichen Herausforderungen. Die technische Antwort auf dieses politische Problem liefert Freifunk.
Den meisten PIRATEN muss man diese Zusammenhänge nicht erklären. Sie verstehen, wie wichtig Netzzugang für alle Lebensbereiche ist und wissen um die Probleme, freies Internet in Bürgerhand aufzubauen.
Entscheider in der Verwaltung und bei den Trägern sozialer Arbeit sind jedoch oft „Neuländer“. Die immense Bedeutung der Digitalisierung unserer Lebensbereiche wird von einigen Politikern als Schlagwort benutzt, die Auswirkungen der digitalen Revolution aber immer wieder verkannt. Hinzu kommen Berührungsängste bei der Erkenntnis, dass sich technische Zusammenhänge dem Entscheider oft verschließen. Und natürlich wächst der Hunger nach „Big Data“ für Wirtschaft und Sicherheitsorgane.
Jetzt ist die praktische Hilfe von Piraten notwendig. und beweist, dass wir für viele gesellschaftliche Herausforderungen tragfähige Lösungen kennen, die auch in Krisenzeiten funktionieren. Denn es ist kein Zufall, dass dezentrale freie Netze sich gerade dann besonders bewähren, wenn es um Möglichkeiten geht, solidarisch zu sein.
Das Deutsche Rote Kreuz in Frankfurt, den örtlichen Träger der Notunterkunft, haben wir durch viel Überzeugungsarbeit dafür gewinnen können, die Anbindung an den eigenen Internetzugang und Aufstellung von Freifunk-Routern zu erlauben. Inzwischen sind einige Standorte versorgt oder in Vorbereitung.
Regionale Medien waren auf die Aktion aufmerksam geworden; wir geben regelmäßig Interviews (eine kleine Presseschau findet Ihr hier).
Und nun haben weitere Träger angefragt, so dass wir wohl noch in etlichen Unterkünften für Flüchtlinge und Wohnsitzlose freien WLAN-Zugang realisieren können.
Mit der Stadt waren wir seit über einem Jahr in Gesprächen über freies WLAN, das lief extrem schleppend. Über die aktuellen Aktionen und die mediale Aufmerksamkeit kommen die Dinge nun ins Rollen. Zum konkreten Hilfsprojekt folgt also unmittelbar erfolgreiche politische Arbeit, welche Piraten ja bereits an vielen Orten leisten.
Zuwanderung wird ein zentrales politisches Thema bleiben und auch die Ursachen von Flucht und Vertreibung werden leider nicht zeitnah verschwinden.
Wer bei jetzt bei sich vor Ort helfen will, kann Folgendes machen:
1. Kontakt mit den nächstgelegenen Freifunkern aufnehmen. Eine Übersicht findet Ihr hier.
2. Dort fragen, ob es bereits Projekte gibt und helfen.
3. Falls es noch keine Projekte gibt, mit der Verwaltung klären, welche Träger die Unterkünfte betreuen, dort melden, persönliches
Gespräch vereinbaren (örtlichen Freifunker mitnehmen!) und erklären, was Freifunk kann.
4. Könnt Ihr den Träger nicht überzeugen, kann man den Uplink aus der Nachbarschaft organisieren und den Gästen der Unterkunft 1-2 Router
schenken, die diese dann anschließen. Dieser „Hack“ sollte aber selten notwendig sein. Versucht immer, eine einvernehmliche Lösung zu finden,
wie beispielsweise in Stuttgart.
5. Nach erfolgreicher Arbeit gemeinsam mit dem Träger Pressearbeit machen.
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